
Orte für Aussteiger?
Zur Geschichte und Bedeutung von Künstlerkolonien
Von den 1830er Jahren an bis weit ins 20. Jahrhundert hinein machen sich Menschen in ganz Europa auf, um Lebens- und Arbeitsgemeinschaften fernab der großen Städte in naturnaher, schöner, zuweilen auch wilder Umgebung zu gründen. Das Leben in Barbizon, der Mutter aller Künstlerkolonien, in Capri, Worpswede oder Ascona ist von bewusster Abgrenzung zur bürgerlichen Gesellschaft bestimmt. Die Aussteiger suchen eine Gegenwelt zur Dichte und zum Konkurrenzdruck in den Städten, zum übersteigerten Nationalismus und dem allgegenwärtigen Krisengefühl. Ohne große soziale Kontrolle entwickeln sich neue Lebensstile, die sich erst deutlich später durchzusetzen beginnen, manche von ihnen erst im 21. Jahrhundert. Dazu gehören die Frauenemanzipation und das Spiel mit verschiedenen Geschlechterrollen ebenso wie das offene Ausleben einer freieren Sexualität.
Mit der Zeit entsteht ein Netzwerk von Subkulturen, das von Skagen an der Nordspitze Jütlands bis nach Tanger an der marokkanischen Küste, von der Finistère, der äußersten Spitze der Bretagne, bis nach Korfu reicht. Häufig pendeln sogar Künstlerinnen und Künstler von einem Aussteigerort zum andern. Darunter sind regelrechte Stars, aber auch nur Eingeweihten bekannte Malerinnen wie Marianne Stokes oder zu Unrecht vergessene Schriftstellerinnen wie Maria Lazar. Mancherorts, exemplarisch in der Aussteigerkolonie Monte Verità rund um ein alternatives Sanatorium oberhalb des schweizerischen Ascona, verbindet sich die Idee der Künstlerkolonie auch mit den neuen Grundsätzen und Gesundheitsregeln der Lebensreform.
Zu einer Beschäftigung mit den Künstlerkolonien laden wir Sie herzlich nach Bensberg ein.
Text und Bild: TMA